Allianz HQ Wien

Das Baukastensystem für eine flexible Zukunft - Organisation nach Bedürfnissen!
Am Anfang der Konzeptphase stand der Wunsch nach einer weniger hierarchischen Bürostruktur im Vordergrund.  Als Zusatzanforderungen kamen eine maximale Digitalisierung und ein hoher Homeoffice-Anteil von mindestens 50% hinzu. Ein absolut vernetztes Arbeiten, das nicht mehr an einen fixen Arbeitsplatz gebunden ist, sollte angestrebt werden. Wo liegt also die Grenze zwischen “Open Space“ und Raum? Welche Interventionen können jetzt gesetzt werden, um die angestrebten Ziele positiv zu beeinflussen? Das ausgearbeitete Konzept sollte so aufgebaut sein, dass sämtliche Interventionen voneinander losgelöst, als einzelne Bausteine, umgesetzt werden können. Das heißt eine Intervention bedingt nicht zwingend die Andere.

Die Architektur des 10-geschoßigen Bestandsgebäudes von Harry Glück war für seine Zeit fortschrittlich, hatte nun aber Anpassungsbedarf an die aktuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter. Die Substanz des Gebäudes mit dem Stützenraster, der Kernstruktur und der großzügigen Raumhöhe ist nahezu ein perfekter Nährboden für eine Weiterentwicklung. Dinge, die damals wichtig und notwendig waren, sind es teilweise heute nicht mehr. Das Blatt Papier, mit Stift oder mit Schreibmaschine beschrieben, ist obsolet geworden. Heute wird alles am Bildschirm oder am Tablet bearbeitet. Die Bildschirmreflexion war damals kein Thema, ist es aber heute geworden. Die damals als Zeichen für den Fortschritt stehende Liftanlage wird heute von ökologischen und gesundheitlichen Themen überholt. Offene Stiegen- und Rampenlösungen werden heute als verbindende Elemente und Kommunikationsbereiche ausformuliert.

Wir haben nun den Versuch gestartet die Wolke an neun Anforderungen über das bestehende Gebäude zu legen und damit zu verknüpfen. Die Mitarbeiter mit ihren Bedürfnissen nutzen das Gebäude nicht mehr 40 Stunden, sondern nur mehr 20 Stunden, da die Hälfte der Zeit im Homeoffice verbracht wird. Dadurch könnten theoretisch doppelt so viele Menschen zeitversetzt im Gebäude arbeiten. Die Menschen sollen durch die neuen Interventionen motiviert werden das Homeoffice 20 Stunden in der Woche zu verlassen, um im Gebäude präsent zu sein und zu kollaborieren. Sie sollen gerne und mit Freunde zur Arbeit gehen. Nun ist die Diversität der Menschen unendlich, aber ihre Bedürfnisse decken sich in einigen Bereichen. Hier setzen wir an. Wir starten den Versuch einzelne Teile des Gebäudes so umzugestalten, dass sich die Menschen nach ihren Bedürfnissen im Gebäude verteilen. Die Organisation im Gebäude findet nun nicht mehr über die Tätigkeit der Menschen statt, sondern über ihre Bedürfnisse. Wir lösen uns also vom Abteilungsgedanken und vom fixen Arbeitsplatz. Die Aufgabe die früher einer Abteilung zugeteilt war, vernetzt nun die unterschiedlichen Mitarbeiter miteinander - einerseits digital und andererseits natürlich auch in den „Kollaborations- und Kommunikationszonen“. Folglich gehen wir davon aus, dass eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit erreicht werden kann, wenn eine bedürfnisorientierte Gruppierung und Organisation realisiert wird. Die notwendige Vernetzung wird durch die unterschiedlichen Aufgabenstellungen, Tätigkeiten und Projekte erreicht.

Jedes Geschoß soll nun so ausformuliert werden, dass bestimmte Bedürfnisse und Wünsche erfüllt werden. Beispielhaft haben wir folgende Gruppen gebildet: Die Kulinariker, die Musiker, die Sportler, die Yogis und die Botaniker. Die Bedürfnisse dieser Gruppen sind in den „Kollaborations- und Kommunikationszonen“ und in der „Box of Desire“ aufgenommen. Es gibt zusätzlich in jedem Geschoß auch eine „Neutrale Zone“, mit klassischen höhenverstellbaren Arbeitstischen, welche sich zwischen den Bedürfniszonen befindet. Als Puffer zwischen den „Kollaborations- und Kommunikationszonen“ gibt es die geschlossenen „Fokus Ecken“ welche an der Fassade einen temporären Arbeitsplatz mit Blick über Wien aufnehmen. Diese abgeschlossenen Mikroeinheiten können als Rückzugsort bei Telefonaten oder für fokussierte Arbeiten allein oder zu zweit genutzt werden. Um die Geschoße baulich untereinander gut zu vernetzen, werden Wendeltreppen - die „Short Cuts“, eingesetzt.

Eine Szene: Im Geschoß der Botaniker ist es sehr grün, mit vielen Bäumen und unterschiedlichen Pflanzen. Zusätzlich sind Hunde und andere Haustiere erlaubt. In den Kollaborations- und Kommunikationszonen wird die Flora und Fauna zum Thema gemacht. Wenn ein Hundebesitzer nun einen Termin hat mit einer Person die allergisch auf Haustiere ist, findet er bestimmt jemanden aus seiner Bedürfnisgruppe, der während der Zeit des Meetings den Hund im Blick hat. Wahrscheinlich wird er sich zum Meeting im Geschoß der Kulinariker treffen, wo eine Mitarbeiterin für alle gekocht hat und im Anschluss gemeinsam in der „Box of Desire“ gegessen wird. Eine weitere Mitarbeiterin, die auch am Projekt beteiligt ist, kommt aus dem Geschoß der Sportler. Sie bringt Hunger mit, weil sie gerade ihr 15-Min-Workout hinter sich hat und davor eine Präsentation fertiggestellt hat. Nach dem Meeting verteilen sie sich wieder in den Geschoßen. Der Botaniker bringt seinem Hundesitter etwas Kuchen mit als Dank, dass er auf seinen Hund aufgepasst haben. Die Sportlerin lobt die Kochkünste der Kulinariker. Das nächste Meeting der drei findet bei den Sportlern statt. Um besser aufnahmefähig zu sein, werden sie das Meeting mit einer Runde Tischtennis beginnen.

Um die neue Offenheit auch in gebauter Form zu zeigen und um alle willkommen zu heißen, sollen auch im Erdgeschoß und im 1. OG einige Bausteine und Interventionen gesetzt werden. Eine „Urban Hall“ soll entstehen. Der Postbote soll seine Lieferung leicht abgeben können und die beeinträchtigte Person soll völlig selbstverständlich und ohne Hilfe das Gebäude betreten können. Eine barrierefreie „Brücke“ soll die Menschen vom Gehsteig in das Foyer der „Urban Hall“ führen. Das neue Erdgeschoß soll offen und transparent sein und zum Verweilen einladen. Ein Podest mit Sitzlandschaft zoniert die Funktionen und bildet die Basis für eine große Treppe, um in das 1.OG zu gelangen - der „Short Cut“ auf die zweite Ebene der Urban Hall. Dort befindet sich der „Open Space“ mit Copyshop und Post Office. Gemeinschaftliches Arbeiten, der Austauschen und die Vernetzung sollen dort möglich sein und gefördert werden. Offene Arbeits- und Kommunikationsbereiche wechseln sich mit geschlossenen Meetingräumen ab. Bei schönem Wetter können die Meetings auf der Terrasse stattfinden. Zur Abwechslung kann man barfuß übers Gras laufen oder in einem Liegestuhl die Füße in den Sand stecken. Die Urban Hall ist auch der perfekte Ort um sich mit externen Besuchern zu treffen und Termine abzuhalten. Ein offener Ort für Alle.

Bestand - Bürogebäude
Umbau -  Büro für eine flexible Zukunft
Hietzing, Wien
Studie 2021

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